Die Geschichte des Handwerkerfestes - die 80er

 

 

1986: Ein nicht gerade verheißungsvoller Anfang

 

Eigentlich gab es zunächst nichts als eine Idee, die in abendlichen Diskussionen am Stammtisch und in Ausschusssitzungen der Freiwilligen Feuerwehr immer wieder aufs Neue diskutiert, verworfen und erneut aufgegriffen wurde.

 

In einem Artikel des Schwarzenbacher Amtsblattes aus dem genannten Jahr stand dazu: „Die Freiwillige Feuerwehr Hallerstein führt am Sonntag das erste Hallersteiner Handwerkerfest durch. Es beginnt um zehn Uhr und soll um 22 Uhr enden. Die Idee dazu kam von Feuerwehrkommandant Herbert Dengler, der in Erlangen ein ähnliches Fest erlebt hatte. Er erinnerte sich dabei an die lange Handwerkstradition in Hallerstein...“

 

Auch die Planungen für diesen großen Tag orientierten sich an eher bescheidenen Dimensionen. Den Festplatz bildeten nur das kleine Areal rund um die Dorflinde und das Sträßlein zum Pfarrhaus, wo sich immerhin zehn Handwerker versammelten. Von Anfang an sollte aber auch das bäuerliche Element nicht zu kurz kommen, da beide Bereiche in Hallersteins Vergangenheit stets eine enge Symbiose eingingen. Und so trat eine erstmals zusammengestellte „Hallersteiner Dreschflegelgruppe“ auf, die in den folgenden Jahren ein gern gesehener Gast bei allerlei Volksmusikveranstaltungen in ganz Oberfranken wurde und Oswald Stock gab einen „Schnellkurs“ im „Saaßldengeln“. Abgerundet wurde das Angebot noch mit Speisen aus „Großmutters Rezeptbuch“ , die aufgrund der geringen Größe des Festes noch auf den heimischen Küchenherden der Feuerwehrfrauen zubereitet werden konnten und „Nützel  Pils vom Fass“ aus der in Münchberg angesiedelten Brauerei des Hallersteiners Hermann Trautner.

 

Einige der Handwerker, die damals erstmalig auftraten, haben den Hallersteinern in allen kommenden Jahren die Treue gehalten: so das Rechenmacher- Urgestein aus Reuthlas, Walter Zehender, die Entertainer – Töpferin Renate Pedall aus Münchberg, und der bierbrauende gute Geist des Burgkellers, Hermann Trautner. Andere, wie der Hufschmied Alfred Weisheit, haben einige Feste ausgelassen, konnten sich aber dem Bann des Festes nicht auf Dauer entziehen und kehrten nach einigen Jahren wieder zurück. 

 

Die Regeln, die die Organisatoren ihrem fest 1986 gaben, gelten im wesentlichen noch immer: „Wer als Handwerker mitmachen und etwas von seinen Produkten verkaufen will, muss auch zeigen, wie er sie herstellt“ und „ Die Nahrungsmittelversorgung liegt in Hallersteiner Hand – einen Catering – Service wird es beim Handwerkerfest nie geben.“

 

 Auch bei der Musikauswahl legte man stets harte Maßstäbe an, man setzt auf „handgemachte Töne“ Verstärker, Synthesizer u.ä. sind allenfalls beim abendlichen Tanzvergnügen erlaubt. 

 

Kaum geboren, schien der Idee aber auch schon wieder das Totenglöcklein zu läuten, war doch das erste Handwerkerfest für die Freiwillige Feuerwehr ein echtes Draufzahlgeschäft. Die Besucherzahl war eher bescheiden und ein sommerlicher Dauerregen spülte alle Hoffnungen auf gefüllte Kassen davon. Das wirtschaftliche Fiasko wurde allerdings durch die vielen wohlmeinenden Kommentare in den Medien gemildert. Beispielgebend sei hier Joachim Dankbar von der „Frankenpost“ zitiert, der seinen Betrachtungen auch nachdenkliche Töne beimischte: „Für den sorgfältigen Betrachter bot das Handwerkerfest nicht nur Idylle“ und verweist darauf, dass junge Menschen, die den in unserer Region  seit Jahrhunderten heimischen Beruf des Steinhauers erlernten, kaum eine Chance hätten, ihr Handwerk auszuüben.

 

In Hallerstein ließ man sich nicht entmutigen. Für 1987 wurde ein neuer Anlauf geplant, der den Grundstein für eine lange Reihe äußerst  erfolgreicher Veranstaltungen bildete.

 

 

 

1987: Das Fest zieht das ganze Dorf in seinen Bann

 

Mit Bangen, aber unverdrossen machten sich die Festplaner im Jahr 1987 ans Werk. Erstmals hatte man auch einen kleinen Festausschuss gegründet, dem Herbert Dengler, Erwin Herdegen, Harald Lang und der allzu früh verstorbene Klaus Küfner angehörten. Um nicht wieder ein Fiasko zu erleben, wurden allerlei Wetterorakel konsultiert. Vom Hundertjährigen Kalender über die Mondphasen bis zum Kaffeesatz waren keine präzisen Aussagen zu erhalten. So verließ man sich auf die Grundannahme, dass Ende August allgemein mit stabilen Wetterverhältnissen zu rechnen ist – und lag damit richtig, was somit auch die Terminplanung für künftige Feste erleichterte. 

 

In der Zwischenzeit war man auch um drei Attraktionen reicher geworden, die die Attraktivität des Festes erheblich steigerten: 

 

· Baron Leuckart von Weißdorf sen. verpachtete das Burghaus mit dem darum liegenden Ruinenareal an die FFW. Das seit Jahren unbewohnte Haus war extrem heruntergekommen, das Dach undicht – und die Räume mit Unrat angefüllt. Nach einer mühevollen Sanierungsaktion waren die gröbsten Schäden behoben, so dass Räume und Keller für die Besucher zugänglich gemacht werden konnten.

 

· Mit finanzieller Hilfe der FFW war es der Kirchengemeinde ermöglicht worden, die „Hallersteiner Madonna“, ein gotisches Marienbildnis, fachgerecht restaurieren zu lassen. Nach Jahrhunderte langem Exil in Dachböden und Kammern hatte das wertvolle Kunstwerk wieder einen ehrenvollen Platz in der Hallersteiner Kirche gefunden.

 

       Ein aufmerksames Mitglied der Wehr hatte in einer einsturzgefährdeten Scheune in Oberkotzau einen gut erhaltenen Göpel ausgemacht, der von dessen Besitzer gern und etwas verständnislos an die Hallersteiner abgegeben wurde. Doch die Bergung gestaltete sich reichlich schwierig, war das verrostete Eisenmonster doch auf einen massiven Granitsockel montiert, den es erst  auszugraben galt.So schwitzte man beim Einsatz von Pickel und Schaufel und fühlte sich unter den morschen Balken wie einst Damokles unter seinem Schwert. Doch mit Einsatz von Unimog, Ketten und Winde, gelang es, die gesamte Anlage zu bergen. Nachdem man auch noch eine passende Dreschmaschine gefunden hatte, war nur noch ein geeignetes Zugtier zu finden, um nach vielen Jahrzehnten einmal wieder mit tierischer Kraft  Korn aus den Ähren dreschen zu können. 

 

Auch die Anzahl der teilnehmenden Handwerker sollte erheblich gesteigert werden, so dass es erforderlich wurde, das Festgelände auf das halbe Dorf auszudehnen. Besonders erfreut waren die Organisatoren, dass sich Otto Walther bereit erklärte, seine museale Schmiede für die Besucher zu öffnen. Mit Robert Baumann und Martin Küfner  fanden sich auch gleich zwei Experten aus den Reihen des Vereins, die den alten Amboss wieder „singen“ ließen, wie es Friedrich Plechschmidt im „Oberfranken Magazin“ ausdrückte. 

 

Zu den Handwerkern, die schon 1986 dabei waren und den Schmieden, gesellten sich nun neue Kollegen: 

 

· Helmut- und Ernst Schödel sowie Dieter Benker betätigten sich in ihrem Zimmererberuf  indem sie Balken mit dem Beil zufertigten, Dachrinnen aus Holz herstellten und sogar mit den gigantischen Wasserleitungsbohrern aus der  Schreinerei von Paulus Lang Holzröhren bohrten.

 

· Das Schusterhandwerk stellte Osmar Roßner aus Münchberg vor,

 

· Willi Winkler aus Kirchenlamitz zeigte Tätigkeiten aus dem fast ausgestorbenen Handwerk des Wagners,

 

· Fritz Purucker, Helmut Lang und Helmut Nürmberger hatten altes Seilerwerkzeug vom Boden geholt und zeigten die Anfertigung von Kälberstricken.

 

· Franz Weinert aus Neuhausen betätigte sich als Sattler und stellte den Kaltblüter, der den Göpel in Bewegung hielt.

 

· Anni Herold aus Fahrenbühl betätigte den Handwebstuhl,

 

· Gerda Wölfel, Jette Schaller und Jette Grießhammer hielten das Spinnrad in Schwung,

 

· Reinhard Lang und Susanne Schödel zeigten die Flachsverarbeitung,

 

· Lothar Ulsamer aus Bug war mit seiner Schafherde  angereist,

 

· Erich Wölfel zeigte den Besuchern seine Bienenstöcke und

 

· Willi Herold aus Fahrenbühl hielt einen Kurzlehrgang im Sensendengeln ab.

 

Daneben gab es wieder die schon bekannten Tanzvorführungen und Musikdarbietungen. Auch bei den Speise- und Getränkeangeboten hatte man sich auf einen größeren Besucheransturm eingerichtet, der dann auch eintrat und alle Erwartungen übertraf. „5000 beim Hallersteiner Handwerkerfest“ titelte die Frankenpost und der Redakteur des „Schwarzenbacher Amtsblattes“ schrieb: „ Selbst der liebe Gott hielt seine schützende Hand über diesen Hallersteiner Tag. Als am frühen Nachmittag beängstigend dunkle Wolken aufzogen, ließ er schnell einen Sturm über das Land um den Förmitzspeicher blasen – und Hallerstein bekam nur ein paar wenige Regentropfen ab.“ 

 

Alles war gut gegangen, aber es war auch eine riesige Kraftanstrengung für Jung und Alt. Fast alle Bewohner Hallersteins mussten mit anpacken; so war es auch verständlich, dass sich nach dem Fest eine gewisse Erschöpfung breit machte. 

 

Wenn wir es noch einmal anpacken, dann erst in zwei Jahren war der Tenor aller Aussagen. Gesagt – getan, damit war der zweijährige Turnus für das Fest eingeführt.

 

Nach dem Erfolg von 1987 war man sich aber sicher, es 1989 noch einmal zu wagen

 

 

 

1989: Brodeln in der politischen Wetterküche –  aber Petrus meinte es wieder gut...

 

 Die große politische Wende in Europa lag schon in der Luft, als die Hallersteiner ihr drittes Handwerkerfest in Angriff nahmen. DDR – Bürger, die es in ihrem Staat nicht mehr aushielten, hatten die Prager Botschaft besetzt und die ungarische Regierung wollte den über 40 Jahre bestehenden „Eisernen Vorhang“ nicht mehr mit Waffengewalt schützen.

 

Dass das ganze sozialistische System innerhalb weniger Monate zusammenbrechen würde, wagte im August 1989 aber noch kaum jemand zu glauben. Diesmal sollte das fest noch größer werden und das ganze Dorf ins Geschehen einbezogen werden. Das ging über die Kräfte des kleinen Feuerwehrvereins, der weder eingetragen war, noch die Gemeinnützigkeit besaß. Als die Raiffeisenbank in Schwarzenbach das alte Hallersteiner Lagerhaus verkaufen wollte und unter den Vereinen einen Partner suchte, mit dem man dieses Rechtsgeschäft abschließen konnte, wurde aus der Feuerwehr heraus der „Heimat – und Kulturverein Hallerstein e.V.“ gegründet, der von nun an zum Hauptträger des Handwerkerfestes avancierte. Der Ankauf des Lagerhauses war unbedingt erforderlich geworden, da mittlerweile ein Vielzahl von Gerätschaften speziell für dieses Fest angeschafft worden waren, die eines ordentlichen Lagerplatzes bedurften. Mit der Raiffeisenbank wurde auch ein Partner gefunden, der den Verein über die nächsten Jahre hinweg tatkräftig unterstützte. Der zweite Partner war die Firma „Mintzel – Druck“, die die umfangreichen Druckereiarbeiten, die im Zusammenhang mit jedem Handwerkerfest zu leisten sind, übernahm und finanziell absicherte. Schließlich übernahm der Schwarzenbacher Bürgermeister Peter Schneider die Schirmherrschaft über das Fest, das von nun an stets mit voller Unterstützung der Stadt, vor allem des Bauhofes, in Angriff genommen werden konnte.

 

Bei den Festplanungen setzte man auf das bisher bewährte und fügte interessante Neuerungen hinzu. Von jetzt an gab man den Festen auch ein Leitthema, meist aus dem bäuerlichen Bereich, das mit Vorführungen oder Ausstellungen präsentiert wurde. 1989 war die das „Pechbrennen“. Dieses Thema wurde eher zufällig aufgetan. Es begann damit, dass der Landwirt Ernst Schwarz aus Völkenreuth besorgt feststellte, dass sich anscheinend ein Antiquitätenliebhaber an dem Pechstein in seinem Wald zu schaffen gemacht hatte, der dort schon seit Generationen lagerte –ohne ihn allerdings abtransportieren zu können. Mit Hilfe des Heimat – und Kulturvereins wurde er  deshalb, um einen Diebstahl unmöglich zu machen, an einen sicheren Platz am Völkenreuther Dorfteich versetzt. Dies war der Anlass dafür, dass sich mehrere Vereinsmitglieder intensiver mit der alten Kunst des Pechbrennens auseinander setzten. Man fand heraus, dass die Pechdestillation mit Pechsteinen und Griebenherden im waldreichen Raum Hallerstein besonders intensiv betrieben wurde. Deshalb wollte man diese alte Kunst wieder zum Leben erwecken. Da  man die wenigen noch vorhandenen alten Pechsteine nicht beschädigen wollte, ließ man bei der Firma Reul von Bruno Tröger eigens einen neuen anfertigen. 

 

Einige Probeläufe waren nötig, jedoch bis zum Handwerkerfest waren die Hürden überwunden. Aus dem Pechstein im Pfarrgarten, der  mit Kienholz gefüllt und mit einem Lehmmantel umgeben wurde, stieg ein mehr oder weniger wohlriechender Rauch auf. Der Pechbrenner Reinhard Werner konnte schon bald den staunenden Zuschauern ein Glas mit brauner Flüssigkeit zeigen, die aus der Mitte des Steines tropfte. Dieser Grundstoff wurde zu vielerlei Produkten weiterverarbeitet, die uns auch heute noch, allerdings aus synthetischer Produktion, vertraut sind.

 

Einen feierlichen Anlass gab es auch, denn Hallerstein konnte die 550 – Jahr – Feier seiner ersten gesicherten urkundlichen Erwähnung begehen.   Dies war Anlass , einmal Rückschau zu halten und vor allem in der Burg Bemerkenswertes zur Dorfgeschichte zu präsentieren.

 

Neue Handwerker gab es auch:  Strohdachbinder, Schreiner, Glasbläser, Klöpplerin, Uhrmacher, Polsterer, Flaschner, Holzschnitzer, Büttner und Korbflechter waren hinzugekommen. 

 

Auch der Wettergott hatte es gut – fast schon zu gut gemeint, denn es war mörderisch heiß und die Schankbedienungen hatten ihre liebe Mühe, die vielen durstigen Kehlen mit Bier, Radler und Limo zu versorgen.